Die Welt sieht sich mit einer wachsenden Anzahl von komplexen und miteinander verbundenen Herausforderungen konfrontiert – von einer Abschwächung des globalen Wachstums und anhaltenden wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten hin zu Klimawandel, geopolitischen Spannungen und einer Beschleunigung der vierten Industriellen Revolution. Isoliert betrachtet sind diese Herausforderungen beängstigend; gleichzeitig auftretend werden wir uns abkämpfen, wenn wir nicht zusammen arbeiten. Noch nie zuvor gab es eine dringendere Notwendigkeit für einen kollaborativen Ansatz mit verschiedenen Interessensgruppen, um gemeinsame globale Probleme zu lösen (WEF – The Global Risks Report 2019).

Anstrengungen sind auf allen Ebenen notwendig – in der Politik, im Finanzsystem, in der Gesellschaft, in der Wissenschaft, bei Privatpersonen, und auf Ebene der Unternehmen.
Für Letztere bedeute dies: Die Themen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) verändern das Wirtschaftssystem langfristig. Wachstum wird zukünftig aus einer neuen Kombination von ökonomischem, ökologischem und gesellschaftlichem Mehrwert generiert (Triple Bottom Line). Faires, nachhaltiges Wirtschaften wird zur strategischen Determinante und Voraussetzung für Unternehmen, um den Ansprüchen ihrer Kunden und Interessensgruppen gerecht zu werden.

Nachhaltiges Wirtschaften sollte jedoch nicht als Bürde betrachtet werden. Ganz im Gegenteil – nachhaltige Wertschöpfung bietet zahlreiche Vorteile und Nutzen für Unternehmen, wie folgende Beispiele zeigen.

Ökonomische Werte

  • Umsatzwachstum durch nachhaltige Produktinnovationen sowie neue Käuferschichten (über 10% additives Umsatzwachstum bei Unternehmen mit gutem bis sehr gutem Nachhaltigkeitsimage)
  • Erzielung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen durch Schaffung einer Innovationskultur
  • Verbesserung der Produktivität durch motivierte Mitarbeiter
  • Senkung operativer Kosten im unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsnetzwerk, beispielsweise durch geringere Beschaffungskosten aufgrund von Materialeinsparungen (Design for Reuse, Cradle-to-Cradle) oder sinkende Bestandskosten durch verbesserte integrierte Planung
  • Verbesserte Reputation und Aufbau von Vertrauenskapitel mit Kunden, Lieferanten und weiteren Stakeholdern
  • Vermeidung von Non-Compliance Kosten durch Nicht-Einhaltung von Regularien und Standards

Ökologische Werte

  • Sinkender Verbrauch von Primärrohstoffen und anderen natürlichen Ressourcen
  • Verringerung negativer Auswirkungen von Produkten und Wertschöpfung auf die Umwelt, beispielsweise durch Methoden zur Senkung des CO2 Fußabdrucks

Soziale/ Gesellschaftliche Werte

  • Abbau sozialer Ungerechtigkeit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Schaffung von Transparenz entlang des gesamten Produktlebenszyklus und des Wertschöpfungsnetzwerks
  • Geschäftsmodellinnovationen zur erfolgreichen Etablierung von Social Businesses und Social Entreprises, welche neben ökonomischen auch soziale Werte stiften
Doch obwohl der Begriff Nachhaltigkeit populär ist, die Medienaufmerksamkeit groß, und die Vorteile für Unternehmen offenkundig sind, läuft die Umsetzung von Nachhaltigkeit in Unternehmen oft schleppend, und lässt das Kerngeschäft außen vor. Gerade eine Verankerung von Nachhaltigkeit im Wertschöpfungsnetzwerk ist jedoch maßgeblich, sowohl für die Erzielung und Steigerung von Umsatz und Gewinn, als auch für die Erreichung sozialökologischer Ziele.

Hier kommt die eingangs erwähnte Notwendigkeit von Kollaboration zum Tragen – Kollaboration innerhalb des Unternehmen, innerhalb des Wertschöpfungsnetwerks, und Kollaboration mit Partnern darüber hinaus.
Als Partner ist es beispielsweise die Aufgabe von Beratern, Unternehmen bei der Bewältigung ihrer vielfältigen Herausforderungen zu unterstützen, und durch Zusammenarbeit mit ihnen gemeinsame Ziele zu erreichen. Dabei sollte ihre Zielerreichung nicht nur mittels ökonomischer Kennzahlen, sondern auch mittels sozialökologischer Faktoren gemessen werden. Berater, die Nachhaltigkeit auch in ihrem eigenen Kerngeschäft verankern, bringen nicht nur die hierzu erforderliche Expertise mit, sie leben Nachhaltigkeit auch selber vor.

Eine solche beratende Unterstützung kann aus verschiedenen Gründen Mehrwert schaffen. Erwähnen lassen sich die „üblichen“ Motive wie Methodenkompetenz, fachliche Expertise, Benchmarking, oder „Manpower“. Berater können Unternehmen jedoch auch dabei unterstützen, sich zu Fokussieren (Wesentlichkeitsanalyse), und agil wichtige Handlungsfelder zur Etablierung von mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben, statt sich durch die Fülle an Aufgaben zu verzetteln. Ein weiterer Aspekt bezieht sich erneut auf die Bedeutung von Kooperation – Berater können Unternehmen dabei unterstützen, die kollektive Intelligenz im eigenen Unternehmen und zusammen mit dem Wertschöpfungsnetzwerk zu kanalysieren und zu nutzen. Hierdurch können sich wertvolle Impulse und Innovationen durch Austausch, Co-Innovation und Co-Creation ergeben.

Dabei gilt es für den Berater, die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zu berücksichtigen.
So ist es zunächst wichtig zu verstehen, welche Ziele, Absichten und Anforderungen das Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit hat. Dies können beispielsweise persönliche Motive des Geschäftsführers eines Familienunternehmens sein, der seinen Nachfolgern und Mitarbeitern „eine enkeltaugliche Zukunft“ hinterlassen möchte. Auch regulatorische Gründe wie neue Gesetzgebungen und Berichtspflichten können eine Rolle spielen. Oder primär ökonomische Motive wie Gewinnsteigerungen durch wachsende Nachfrage bzw. Reduzierung und Vermeidung von Kosten.

Sind diese Motivatoren geklärt, lässt sich effektiver analysieren, wie aktuell die Unternehmensstrategie, das Geschäfts- und Betriebsmodell damit übereinstimmen, und wo es Abweichungen gibt.
Die Unternehmensstrategie ist auch der erste Ansatzpunkt. Nachhaltigkeit muss von der Unternehmensleitung gewollt, als Teil der Unternehmensstrategie formuliert und entlang der Wertschöpfungskette im Kerngeschäft verankert werden. Eine Nachhaltigkeitsstrategie, als integraler Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie, setzt dabei die Leitplanken für unternehmerisch verantwortliches Handeln, indem sie die Rahmenbedingungen für nachhaltige Produkte, agile Wertschöpfungsnetzwerke und die Interaktion mit den unterschiedlichen Interessensgruppen schafft.

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie sind wesentliche Handlungsfelder abzuleiten, auf welche sich das Unternehmen fokussieren möchte, um sich nicht zu „verzetteln“. Für die Identifikation der Handlungsfelder ist erneut „Kollaboration“ ein wichtiger Faktor. Während beispielsweise ein Berater bei der Ableitung der Handlungsfelder durch Methodenkenntnisse und inhaltliche Expertise zu international anerkannten Leitlinien und Standards unterstützen kann, sind es die internen und externen Stakeholder des Unternehmens, welche die Priorisierung und damit Auswahl der wesentlichen Handlungsfelder bestimmen.

Die selektierten Handlungsfelder kommen auch bei der Betrachtung des Wertschöpfungsnetzwerks, zum Tragen. Hierbei wird funktions- und unternehmensübergreifend analysiert, in welcher Wertschöpfungsstufe und in welchem Prozess welche Nachhaltigkeitsthemen und -risiken auftreten, wie diese zu bewerten und priorisieren sind, und welche Maßnahmen abgeleitet werden sollen. Die durch die Prozessanalyse geschaffene Transparenz dient dabei nicht nur der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen. Auch weitere Optimierungspotenziale wie Kostensenkungen, Prozess- und Organisationseffizienzen können identifiziert werden. Entscheidend ist anschließend, die Realisierung der identifizierten Maßnahmen und Optimierungspotenziale möglichst agil zu steuern, und insbesondere die Mitarbeiter und beteiligten Stakeholder einzubeziehen und auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten.

Eine nachhaltige Beratung fokussiert sich jedoch nicht nur auf die Unternehmensstrategie und das Betriebsmodell, sondert betrachtet auch das Geschäftsmodell. Gerade im Bereich der Produkte kann Nachhaltigkeit die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichern. Ziel der Produktkonzeption sollte es sein, Nachhaltigkeitsaspekte in alles Phasen des Produktlebenszyklus zu berücksichtigen. Dies beginnt bereits bei der Fragestellung, welche Produkte wie über den gesamten Lebenszyklus Wert, und idealerweise gesellschaftlichen und ökologischen Mehrwert generieren können, und wie sie wieder möglichst nutzstiftend in Kreisläufe zurückgeführt werden können. Gerade hier zeigt sich die Stärke von Kollaboration und kollektiver Intelligenz, durch die möglichst funktions- und unternehmensübergreifende Anwendung von Methoden wie Co-Innovation/ Co-Creation und Design Thinking.

Es lässt sich festhalten: Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit verläuft für jedes Unternehmen individuell. Die Unternehmensleitung sollte sich Gedanken machen, wo der eigene Weg hinführen soll, um entsprechend die erste Etappe einzuschlagen. Ein Netzwerk aus sich verbindenden Wegen zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern hat den Vorteil, dass das gleiche Ziel verfolgt wird, unabhängig davon, wo die Reise beginnt. Und diese Kollaboration mit Partnern sorgt dafür, dass gemeinsam Stolpersteine auf der Reise leichter überwunden, Erfahrungen ausgetauscht und „gemeinsame Transportmittel“ genutzt werden können.